"Musik für die Seele"
Jeanne Conard, Mezzo Soprano; Frank Westphal, Cello;
Hiroko Kuwata, Geige;
Michael Jones, Organ; James Schar, Organist and Conductor; The ESOC Chorus.
Unser heutiges Konzert "Musik für die
Seele" könnte auch den Titel tragen "Die Nuancen der
Passionszeit". Wir haben sehr farbenfrohe und dramatische Stücke
des modernen englischen und amerikanischen Fastenzeit- und
Osternrepertoires gewählt, als auch ältere Werke, die als deren
Hintergrund dienen und das Programm in seinen Wurzeln verankern.
Das Programm zentriert sich auf ein Werk des 20ten Jahrhunderts
von Ralph Vaughan Williams den "Five Mystical Songs"
(Fünf mystische Gesänge), in denen Gedichte aus dem 17. Jhd. von
George Herbert vertont wurden.
Die moderne Seite des Repertoires umfasst das aus dem Jahr 1961
stammende Werk des Amerikaners Phillip Dieterich "Wilt not Thou
turn again, O Lord, and quicken us" (Willst Du uns denn nicht
erquicken, O Herr), das die dramatisch, atavistische – ja fast
primitive – Seite der Musik des Frühen Mittelalters aufnimmt. Im
Vergleich dazu haben wir die aus dem 17. Jhd. stammenden Komponisten,
den Amerikaner Billings (hören Sie auf die fallenden Tränen) und den
Deutschen Krüger (der Sinn von Schuld und nackter Gram ist eindeutig).
Sie setzten Ihre einfachen Texte mit dramatischer Eindringlichkeit, die
von den Zuhörern eine sofortige, offene Reaktion auf die Musik
entlockt.
Das Drama des spätviktorianischen "Go to Dark
Gethsemane" (Geh ins dunkle Gethsemane) spiegelt die Einflüsse der
anglo-katholischen Oxford Bewegung wider sowie das Wiederaufleben der
Gothik des späten 19. Jhd. In den bildhaft beschreibenden Darlegungen
können Sie die Hammerschläge auf das Kreuz direkt hören, die
offensichtlich in dem fast morbide sentimentalen Text dargestellt
werden.
Ein Stück aus dem 20. Jhd. ist "He is Risen" (Er ist
auferstanden) von Eugene Englert. Es besitzt eine sehr subtile
Vokalisierung und stellt die hastigen Schritte der beiden Marien (Maria
und Maria Magdalena) zum Grab dar und deren Zuversicht, wenn sie rufen:
"He is not here" (er ist nicht da). Dieses Stück ist ideal
für Frauen, denn es ist zu tiefst passend für deren Stimmen
geschrieben
Wir nehmen auch an der weltweiten Feier zu Wolfgang Amadeus
Mozarts 250. Geburtstag teil und führen das Stück "Lacrimosa"
aus seinem Requiem auf. Das letzte komplette Chorwerk, das er (fast)
eigenhändig vollendete. Die einzelnen Sätze des Requiems existierten
als Entwurf und wurden von Studenten und Mozartschülern
vervollständigt. Die innige Beschreibung des Flehens des schuldigen
Menschen, fast bettelnd nach Erlösung aus der jammervollen Zeit des
Jüngsten Gerichts packt das doch kurze Stück "Lacrimosa"
voll mit einer erstaunlichen Farbenvielfalt und steckt voller Drama.
Als Beispiel eines modernen Requiems haben wir einen Satz aus dem Requiem
des englischen Komponisten John Rutter gewählt mit dem Stück "Out
of the Deep" (Aus der Tiefe rufe ich Herr zu Dir – Psalm
130). Die Verzweiflung der Menschen und deren Flehen nach Erlösung
werden von einem sehr subtilen Cello Solo untermalt, das heute von Frank
Westphal gespielt wird.
Das zweite Stück Mozarts auf unserem heutigen Programm ist das
wohl bekannteste all seiner Kurzwerke, das "Ave Verum Corpus".
Dieses Stück und das ihm vorangehende Gedicht gedenken dem Fest
Fronleichnam.
Das anonyme, mittelenglische Gedicht "The Knight of the
Grail" (Der Ritter des heiligen Grals) ist voller mystischer
Anspielungen: das mit Behängen verhüllte Bett symbolisiert den Altar;
der verwundete Ritter das Opfer der Eucharistie; die Dornen sind ein Symbol für die Kreuzigung und so weiter.
Auch einer von Vaughan William Five Mystical Songs "Love
Bade me Welcome" (Die Liebe hieß mich willkommen) symbolisiert
das Fronleichnamsfest. Der Komponist flicht ein Zitat des
Gregorianischen Gesangs "O Sacrum Convivium" ein, das
vom Chor wortlos gesungen wird, falls der Zuhörer die Anspielung des
Dichters verpasst.
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